LM-1945

Weilburg

"Weilburg 1945"
Katalog zur gleichnamigen Ausstellung der Stadt Weilburg an der Lahn

S. 5ff

Die Besetzung Weilburgs begann am 27. März. Der amerikanische Wetterbericht vermerkte für diesen Tag milde Temperaturen und gelegentliche Regenschauer. Morgens,etwa um 7 Uhr, hörten die Einwohner von Waldhausen, die sich alle in den Kellern ihrer Häuser versteckt hielten, das Rasseln der ersten amerikanischen Panzer, die sich langsam über den Hasselbacher Stock (heutige B 456) näherten. Es handelte sich dabei u. a. um die Task Force Wemple, eine Einheit der 7. Panzerdivision. Entsprechend ihrer Planung bogen die Panzer und die übrigen Fahrzeuge der TF Wemple von der damaligen Reichsstraße 49 links nach Waldhausen ab, um über die Lindenstraße nach Löhnberg und Biskirchen in Richtung Wetzlar vorzurücken. Der Durchzug der Amerikaner durch Waldhausen dauerte etwa drei Stunden. Andere Einheiten der Amerikaner rückten auf Weilburg zu. Vermutlich waren dabei beteiligt: eine Einheit der 7. Panzerdivision, eine Infanterie- bzw. Artillerieeinheit (2., 9.und 99. Infanteriedivision), evtl. auch eine Einheit der 9. Panzerdivision. Etwa zur gleichen Zeit, als sich die ersten amerikanischen Panzer am Hasselbacher Stock zeigten, wurde der Ernst-Dienstbach-Steg gesprengt. Eine Stunde später erschütterte eine Detonation die Eisenbahnbrücke, richtete hier aber nur geringen Schaden an.

Vormittags, gegen 11 Uhr, rollten die ersten Panzer die Limburger Straße hinunter. Als der erste amerikanische Panzer den „Nassauer Hof" (Ecke Bahnhofstraße/Limburger Straße) passierte, wurden die beiden mittleren Bögen der Steinernen Brücke gesprengt. Die schweren Steinbrocken wurden hunderte von Metern weit geschleudert, einige sogar auf den Marktplatz, und richteten erheblichen Schaden an den benachbarten Häusern an. Die Gewölbe der Brücke waren aber so stabil gebaut, dass sie standhielten.Ebenfalls gegen 11 Uhr rückte die amerikanische Infanterie ein und begann, die Westerwaldseite, Straße für Straße, zu besetzen. Die amerikanischen Soldaten, fast nur Farbige, schlugen mit den Gewehrkolben gegen die Haustüren und durchsuchten,nach der Öffnung der Türen, die Häuser vergebens nach deutschen Soldaten. Bald flatterten aus vielen Fenstern und von vielen Balkonen weiße Tücher zum Zeichen der Übergabe.

Die kleine deutsche Kampftruppe von ca. 30 Mann hatte sich auf der Taunusseite in Häusern der Niedergasse und im Schloss verschanzt und hielt die Brücke sowie Straßen und Häuser auf der Westerwaldseite nur mit Gewehren unter Beschuss.Über Verluste der Amerikaner ist nur bekannt, dass in der Adolfstraße ein amerikanischer Soldat erschossen wurde sowie ein anderer Soldat in der unteren Limburger Straße.

Die Amerikaner versuchten an diesem Tag nicht, den Lahnübergang zu erzwingen. Am Nachmittag beschoss ein Panzer von der Bahnhofstraße aus das Schloss, die Granaten richteten aber nur geringen Schaden an. Bei der Beschießung kam allerdings ein Junge zu Tode.

In der Nacht zum 28. März hatten sich die restlichen deutschen Soldaten bis zur Neuen Kaserne zurückgezogen. In derselben Nacht kam es in der Frankfurter Straße, etwa in der Höhe des Hotels Lindenhof, zu Schusswechseln mit amerikanischen Soldaten, die über die Reste der Steinernen Brücke übergesetzt waren. Am Landtor wurden um 7 Uhr weitere amerikanische Soldaten gesichtet, die in die Innenstadt vorgerückt waren. Da sie immer noch Gewehrfeuer aus der Neuen Kaserne erhielten, beschossen die Amerikaner die Kaserne mit einer Batterie vom Odersbacher Feld aus. Daraufhin setzten sich auch die letzten deutschen Soldaten in Richtung Wetzlar ab. Damit war die Besetzung Weilburgs abgeschlossen.
Der neue Stadtkommandant Delong berichtete später, dass die Luftwaffe bereits angefordert war, um den Widerstand in Weilburg zu brechen.

Noch am Vormittag des 28. März wurden vorbereitete Plakate der Militärregierung angebracht. Diese informierten die Bevölkerung in deutscher und in englischer Sprache über die Bestimmungen, die ab sofort zu beachten waren.

 

Quelle:
"Weilburg 1945"
Katalog zur gleichnamigen Ausstellung der Stadt Weilburg an der Lahn
Herausgeber:Förderverein der Heinrich-von-Gagern-Schule Weilburg
Redaktion: Joachim Warlies
Weilburg 2013