LM-1945

Bad Camberg

Albert Schorn, Cambergs Chronik 1918 bis 1945

Schorn, Cambergs Chronik, S. 160ff

 

Samstag, 17. Februar 1945

Heute, Samstag, den 17. Februar, wurde der Personenzug Frankfurt-Limburg um 4 Uhr nachmittags von Tieffliegern angegriffen. Der Zug, der sicherlich wegen der kreisenden Feindflieger um Camberg keine Einfahrt hatte, mußte vor dem Signal halten. Es wurden zwölf Flugzeuge gezählt. Da die Reisenden die Gefahr erblickten, stiegen viele aus und suchten Schutz unter der Brücke der Bahnüberfahrt. Inzwischen beschossen die Flieger die Maschine des Personenzuges mit Explosivgeschossen so, daß der Dampf überall aus dem Kessel strömte. Dann beschossen sie die Reisenden, die in der Aufregung umherirrten und Deckung suchten, ebenfalls mir Explosivgeschossen, wobei es viele Verwundete und 22 Tote gab. Den Reisenden, die im Zug geblieben waren, ist nichts passiert, außer daß man einen Toten aus dem Wagen barg. Pfarrer Staat und Pfarrer Menken waren gleich zur Unglückstelle geeilt und standen den Sterbenden bei. Sanitäter gingen sofort an die Arbeit, die Verwundeten in Sicherheit zu bringen und ihnen die erste Hilfe zu leisten ... / ... Es waren fünf Flieger, die den Angriff auf den Personenzug im Tiefflug ausführten. Als die Maschine zerstört und viele Reisende aus dem Zug ins freie Feld oder in die Gräben sich legten und ein großer Teil Schutz unter der Bahnbrücke suchte, kamen zwei Tiefflieger in ganz geringer Höhe zurück und beschossen die Geflüchteten unter der Brücke von beiden Seiten. Es war insofern ganz furchtbar, weil sich viele Frauen und Kinder unter ihnen befanden und weil die Geschosse, die an die Brückenwand schlugen, abprallten und dadurch großes Unheil anrichteten.


Donnerstag, 22. Februar 1945

Die Opfer, die am 17. Februar bei dem Angriff feindlicher Tiefflieger auf den Personenzug ihr Leben lassen mußten, wurden heute beigesetzt. Von den 22 Toten wurden hier 9 beerdigt, die anderen wurden in ihre Heimat überführt. Um 4 Uhr sollte die Beerdigung vom Schulplatz aus stattfinden. Da aber um diese Zeit feindliche Flieger um die Stadt kreisten, mußte die Beerdigung um 1 Stunde verschoben werden. So ging um 1/4 vor 5 Uhr eine große Prozession unter Führung der Geistlichkeit und Messdienern zum Friedhof.

 

Freitag, 2. März 1945

Tiefflieger erschienen über Camberg, Würges und Walsdorf Das Hospital hat wieder darunter zu leiden gehabt. An den Alarm und an die Flucht in den Keller hat man sich so gewöhnt, daß einer über den anderen trotz des Elends lachen mußte, denn der eine war ängstlicher als der andere und glaubte schneller sein Leben in Sicherheit bringen zu müssen als der andere, der weniger hastete .
Viele nahmen sich das Essen für den ganzen Tag mit in den Luftschutzkeller, denn man konnte niemals wissen, was der Tag an Fliegerangriffen bringen werde. ... Die Flieger kamen manchmal, besonders die Tiefflieger, so schnell und überraschend an, daß man um Schutz vor Splitter (sic) zu haben, sich direkt auf die Erde legen mußte. Kaum hatte man sich abends zur Ruhe begeben, als schon wieder die Sirene in Betrieb gesetzt wurde, und es galt, wieder fluchtartig den Keller aufzusuchen. So ging es schon jahrelang. Die Flieger kamen jetzt in Wellen zu 40 - 50 Stück, manchmal belief sich ihre Zahl insgesamt auf die Summe von 2000.

 

Sonntag, 4. März 1945

Heute hat man endlich mit dem Bau eines Stollens in der Limburger Straße, der als Luftschutzbunker dienen sollte (gegenüber dem früheren Schuhgeschäft Bachenheimer) und am 14. März mit dem Stollenbau im Stadtpark begonnen. Schon ein Jahr vorher hatten einsichtsvolle Bürger es angeregt und wiederholt bei der Stadtverwaltung in dieser Angelegenheit vorgesprochen, wobei man allerdings auch auf die Gefahr hinwies. Es wurde auch immer wieder den Cambergern zugesichert, ihnen Schutz gegen Fliegerangriffe angedeihen zu lassen, aber versprochen wurde viel und wenig gehalten. … Viele bauten sich schon früher die Keller aus oder machten sich Unterstände in den Gärten, andere gingen ins freie Feld und suchten dort Schutz. Bäckermeister Kunst hatte einen guten Keller, der 200 Personen fasste, er hatte einen Ausgang zum Guttenberger Platz. Im "Guttenberger Hof" war auch ein tiefer Keller, ein früherer Bierkeller, der Platz für etwa 150 Personen bot.

 

Donnerstag, 15. März 1945

Von 8.30 Uhr bis 18.30 Uhr dauerte der Alarm. Den ganzen Tag haben die Tiefflieger in der ganzen Gegend die Leute in Angst und Schrecken versetzt. Man kam fast den ganzen Tag nicht aus dem Keller heraus. Am Bahnhof warfen sie zwei Bomben ab und auf der Autobahn griffen sie einen Kraftwagen an, wobei es zwei Tote gab.

 

Donnerstag, 22. März 1945

Den ganzen Tag über waren Tiefflieger über unserer Gegend tätig. Den Gottesdienst um 7.10 Uhr konnte Pfarrer Staat nur bis zum Evangelium halten, denn er war gezwungen, ihn zu unterbrechen, da das Geknatter der Maschinengewehre und das Heulen der Flugzeuge immer stärker wurde und man den Abwurf von Bomben hörte. Die Teilnehmer des Gottesdienstes flüchteten alle unter die Tribüne und in den Glockenturm. Als es etwas ruhiger geworden war, wurde der Gottesdienst fortgesetzt. Wieder galt der Angriff dem Bahnhof. Die "Bauernhalle", in der viele landwirtschaftliche Maschinen untergebracht waren, brannte dabei / bis auf die Grundmauern nieder. Die feindlichen Flieger beherrschten ungehindert die Luft, wie es ihnen gut dünkte.
Kein einziges deutsches Flugzeug ließ sich mehr sehen.

 

Palmsonntag 25. März 1945

Unsere 15jährigen "Volkssturmkinder" sollten schon im Jan. 1945 als Schanzarbeiter im Osten eingesetzt werden. Die Eltern der Kinder und unsere Behörde wehrten sich dagegen, da sie noch keine. 16 Jahre alt waren. Fortwährend wurde darauf gedrungen, dem Befehl nachzukommen, und der Ortsgruppenleitung wurden deshalb bittere Vorwürfe gemacht. Nun wurde dem Jahrgang 1929/30 mit dem Standgericht gedroht, wenn er nicht sofort den Befehl ausführen würde. Am Palmsonntag, dem 24. März *, nachdem sie gemeinsam die hl. Messe beiwohnten und ihr Schicksal in die Hand Gottes gelegt hatten, nahmen sie schweren Herzens Abschied von Eltern, Geschwistern, von Freunden und Bekannten. So zog nun die Jugend von Camberg und Umgebung mit ihren Rucksäcken, vollgeladen mit Wäsche, Kleidern und Eßwaren, ins Ungewisse. Vorerst ging es zum Sammelort Walsdort wo sie schon viele Leidensgenossen antrafen. Gegen Abend wurden sie dann mit Fuhrwerken nach Neuweilnau gebracht, wo sie das erste Nachtlager beziehen mußten. Die Camberger wurden in einer Scheune untergebracht. Am nächsten Tag nach dem Frühstück sahen sie sich die Gegend etwas an. Am Mittag war Appell angesagt, zu dem ein großer Teil nicht mehr antrat, da er schon ausgerissen war. Alle Hasselbacher hatten sich schon aus dem Staube gemacht. Der Bannführer, der die Abteilung führte, drohte den Ausreißern mit Erschießung, lobte die Camberger und alle die, die ausgehalten haben, und gab bekannt, dass es am Abend weiterginge.
Nach dem Appell wurde das Quartier wieder aufgesucht, dem ein Rundgang durch Neuweilnau folgte. In dieser Zeit hatten sich zwei Camberger Männer in Neuweilnau eingefunden, denen das Schicksal ihrer Kinder sehr am Herzen lag. Sie hatten auch Gelegenheit, mit ihnen zu sprechen. Sie sagten ihnen, dass die Amerikaner schon bis zur Autobahn vorgerückt seien, und gaben ihnen zu verstehen, was sie tun sollten. Dann verschwanden sie wieder auf demselben Weg, auf dem sie gekommen waren. Nachdem zwei Camberger Volksstürmer den Bannführer aufgesucht, um sich über den Weitermarsch zu orientieren, und ihn in ein langes Gespräch verwickelt hatten, suchten alle das Weite, denen die beiden Zurückgebliebenen bald nachfolgten. Auf Schleichwegen in den Wäldern, mit großer Angst, aber mit dem festen Gottvertrauen ging es in einem Tempo ohne Rast nach der Heimat zu. Zwei Feldwebel, die als Betreuer dem Zuge beigegeben waren, merkten erst, als sie den Weitermarsch antraten, daß so viele fehlten. Nach ihrer Feststellung, daß sämtliche Camberger ausgerissen waren, fuhren sie mit ihren Fahrrädern nach. Inzwischen war es dunkel geworden, sie sahen ein, dass ihr Suchen nutzlos war, feuerten noch einige Schüsse in den Wald und kehrten dann zurück. Als die Schüsse im Walde fielen, merkten die Camberger erst, dass sie verfolgt wurden, und liefen nach verschiedenen Richtungen auseinander. Bis auf drei, die sich vorerst im Walde herumtrieben, kamen sie todmüde wieder glücklich im Elternhaus an. Eine große Freude war es, als am Dienstag auch die drei Verlorenen sich einfanden. Unsere Jungens hatten viele Glück, und den beiden Männern, die sie aufklärten, haben sie vielleicht ihr Leben zu verdanken.

* Palmsonntag fiel auf den 25. März

 

Palmsonntag 25. März 1945

Wieder ließen uns die Tiefflieger den ganzen Tag nicht zur Ruhe kommen, die kämpfende Front rückte immer näher. An Arbeit war nicht zu denken, der Mittagstisch fiel aus. Der Keller war Tag und Nacht der einzige Aufenthaltsort.


Dienstag, 27. März 1945

Ganz Camberg ist in einer unbeschreiblichen Aufregung, die Amerikaner sind schon auf der Autobahn und können in jeder Stunde in der Nähe Cambergs eintreffen. "SS- Truppen sollen sich auf der Wörs im Eilmarsch nach Camberg befinden. " Dieses ging wie ein Lauffeuer durch die Stadt. Eilends kamen die prominenten Führer der Nazipartei aus Camberg und der Umgebung, unter denen sich auch der Kreisleiter von Limburg befand, hierher, um im Rathaus zu beraten, welche Schritte zur Abwendung des Feindes unternommen werden müßten. ... Ein Führer des Volkssturm gab zur Antwort. "Es habe sich erwiesen, daß die Panzersperren kein ernstes Hindernis für die Panzer seien; daß das ganze Feld für die Panzer offen stehe, und daß auch keine Volkssturmmänner dafür zu haben seien. " . .. Der Kreisleiter färbte sich wie eine Leiche und sagte: "Wissen Sie nicht, daß auf Nichtbefolgung der Befehle die Todesstrafe ruht, die sofort vollstreckt werden kann!"
Noch wurde im Rathaus verhandelt, als die ersten amerikanischen Panzer schon der Autobahn entlang rollten (sic). Als dieses in der Stadt bekannt / wurde, hieß es allgemein "die weiße Fahne heraus", und in kurzer Zeit konnte man in ganz Camberg die weißem Fahnen flattern sehen, ein Zeichen dafür, daß sich Camberg kampflos ergeben wolle. Dieses wurde dem Kommandanten der SS, der mit seinem Stab in Schwickershausen lag, mitgeteilt. Dieser erließ sofort den Befehl, daß die weißen Fahnen umgehend wieder einzuziehen sind, andernfalls Camberg von der Kreuzkapelle und dem Waldschloß aus zusammengeschossen würde.
Als der Kreisleiter mit den Führern des Volkssturms im Rathaus nichts ausrichten konnte und alles weitere der SS überlassen mußte, wurde der Befehl des Kommandanten zwei Polizeibeamten zur Bekanntmachung an die Bevölkerung der Stadt übergeben. Die Versammlung im Rathaus löste sich auf und überließ das Schicksal der Stadt der SS. Von dem Kreisleiter sah und hörte man nichts mehr. Die beiden Polizeibeamten und einige Parteigenossen gaben den Befehl des Kommandanten überall bekannt und forderten die Camberger auf, sofort die weißen Fahnen einzuziehen. Man stritt sich hin und her, setzte allen Befehlen erbitterten Widerstand entgegen, und es hätte bald zu Schlägereien geführt; denn jeder vernünftige Mensch sah ein, daß eine Verteidigung der größte Wahnsinn sei, der die völlige Zerstörung Cambergs bedeuten würde. Doch jedes Widersetzen fruchtete nichts. Die weißen Flaggen mußten eingezogen werden. Was / blieb den Cambergern anderes zu tun übrig? Sie hatten den Feind hüben und drüben, auf der Wörs und an der Kreuzkapelle. Wie soll das enden? legte man sich die bange Frage vor. Während die Leute sich mit der Polizei und einigen Nationalsozialisten herumstritten, die immer noch an das Wunder der neuen Waffen glauben wollten, versuchten beherzte Männer von Camberg unter eigener Lebensgefahr mit dem Feind in Verbindung zu treten, wurden aber bemerkt und von beiden Seiten so beschossen, daß sie nur mit Mühe umkehren konnten.

 

Mittwoch, 28. März 1945

Da die Verteidigung Cambergs ganz zwecklos war und nur die totale Zerstörung Cambergs zur Folge gehabt hätte, wurde am nächsten Tag* von Cambergern, denen das Geschick der Stadt am Herzen lag in aller Frühe der erneute Versuch unternommen, in unmittelbare Fühlung mit den Amerikanern zu treten.** Es war ihnen auch / unter großer Lebensgefahr geglückt, sich den Amerikanern zu nähern, als die Not am höchsten stieg. Sie wurden von zwei Soldaten zu einem Major gebracht, dem sie den Zweck ihres Kommens mitteilten. Sie baten ihn, Camberg doch möglichst zu verschonen. Nach einem längeren Verhör wurde ihnen Glauben geschenkt und ihnen zu verstehen gegeben, es werde zur Brechung des Widerstandes nur das geschehen, was unbedingt notwendig sei; wenn aber längerer und starker Widerstand geleistet würde, dann müßte er eine Anzahl Flieger einsetzten. Was dann eintrete, läge nicht in seiner Macht. Daraufhin wurden sie im Auto nach Wörsdorf gebracht und interniert. Der Major hatte sein Wort gehalten und bei der Beschießung Cambergs nur Spreng- und keine Brandgranaten verwendet. Diese Unterredung wurde von dem Sergeanten bestätigt, der die Unterhändler nach Wörsdorf brachte und später bei Herrn Lehrer Jung im Kurviertel während der Besatzung in Quartier lag. Dieser / bekannte, wenn die SS. den Kampf nicht aufgegeben hätte, wären am nächsten Tag, ehe es graute, die Flieger eingesetzt worden.

* Der Tag nach dem 27.3.1945

** Frau Hildegard Becker (J g. 1926) aus Bad Camberg erinnert sich an die Dramaturgie der Ereignisse und an Dr. phiI. Kaspar Hofmann, einen aus Camberg gebürtiger Priester (* 29.10.1899 - t2.11.1987), der von (1.6.) 1944 bis (15.4.) 1946 als Religionslehrer an der Mittelpunktschule tätig war. Er soll nachts mit der weißen Fahne zur Autobahn (gegangen sein) u. bat im Namen der Bevölkerung um Einstellung, ... Was sich dort abgespielt hat, weis ich nicht. Dies bestätigt Felix Hess: Nach dem Krieeg stellt sich heraus, dass ein geplantes Luftbombardement der Amerikaner auf Camberg und die umliegenden Ortschaften nur durch die Intervention des späteren Camberger Ehrenbürgers, Studienrat Pfarrer Caspar Hofmann verhindert worden ist.

 

Gründonnerstag, 29. März 1945

In der Nacht (Gründonnerstag) setzten sich SS.-Truppen mit Panzerfäusten bewaffnet in Camberg fest und gruben sich überall ein. Gegen 6 Uhr morgens ging dann Peter Schmitt (Hainstraße) die Strackgasse hinunter und rief immer wieder aus Leibeskräften; "Hallo, hallo! Weiße Fahnen heraus!“ ... forderten SS.-Männer ihn drohend auf, die Sabotage zu unterlassen und von der Straße zu verschwinden. ... Während dieser Zeit verschafften sich schon ein junger Mann und eine Frau Eingang zum Kirchturm, brachten die weiße Fahne am Turm an, mußten sie aber wieder herunterholen.
Von Schlaf konnte in dieser Nacht keine Rede sein. ... / Gegen 11 Uhr stand ich auf unserem flachen Hausdach und konnte die Autobahn mit dem Fernglas überschauen. Da sah ich, wie die Amerikaner unterhalb des Hauses Munsch ausschwärmten und zum Angriff auf unsere Stadt übergingen. Ich lief schleunigst nach unten und riet meinen Angehörigen, den Keller aufzusuchen, da der Kampf beginne. Bald darauf kamen auch schon die ersten Granaten. Brände brachen aus, die Feuerwehr wurde alarmiert. Trotz des starken Artilleriebeschusses waren sofort einige Feuerwehrleute herbeigeeilt, holten die Feuerspritze und Schläuche aus dem Spritzenhaus und begannen mit der Löscharbeit. ...I... Der Feind drang langsam und sehr vorsichtig in die Stadt ein, durchsuchte alle Häuser, jede Scheune, jeden Stall. Während das Bombardement auf die Stadt weiterging, kamen sie noch gegen Abend bis zur Limburger Straße. Gegen 6 Uhr gab die SS. die Verteidigung auf und zog sich fast unbemerkt nach Schwickershausen und Dombach zurück. Von einer angeblichen Aufstellung deutscher Panzer von der Kreuzkapelle bis zum Waldschloß war nichts zu sehen. Drei Funkwagen sollen sich in / Schwickershausen befunden haben. Eine Panzerreparaturwerkstätte, welche sich im Walde hinter dem Waldschloß befand, ließ über 40 Panzer dort im Stich, die alle reparaturbedürftiß waren, so daß ihre vermeintliche Einsatzfähigkeit nur ausgemachter Bluff war. Auch die Verteidigung Cambergs und das Einsetzen des Volkssturms sollten nur dazu dienen, daß sich die SS. aus den Taunuswäldern vor der Einschließung retten konnte, was trotzdem nur einem Teil gelang. Als die Beschießung nachließ, wagte man sich langsam aus dem Keller und konnte das Elend sehen, das das nazistische Regime in unserer Heimatstadt als Vermächtnis hinterlassen hatte, nachdem die Nazis sie vorher sang- und klanglos verlassen hatten.

 

Karfreitag, 30.3.1945

Am Karfreitag rückten die Truppen in das Zentrum der Stadt ein, marschierten durch die Burgstraße zum Dombacherweg nach dem Waldschloß zu, Alle atmeten erleichtert auf, jeder war froh, daß der Krieg für uns überstanden war, doch die Angst um unser weiteres Schicksal beunruhigte uns. Gegen 11 Uhr wurde bekanntgegeben, daß aus jedem Haus jemand zum Guttenbergerplatz kommen müßte, um die ersten Verordnungen der Amerikaner zur Kenntnis zu nehmen. Da der Guttenbergerplatz sich als zu klein erwies, ging man zum Neumarkt. Nach der Verordnung mußten alle Waffen, Munition, Ferngläser und Photoapparate abgeliefert werden. Das Photographieren wurde sofort verboten, und das Ausgehverbot erlassen. Noch am selben Tage und an den nächsten Tagen / durchsuchten weitere Kampftruppen sämtliche Geschäfte und Privathäuser und requirierten, was ihnen gut erschien. Was ihnen entging, fand die Wertschätzung der ihnen folgenden Neger.

 

Quelle:
Kreisheimatstelle des Landkreises Limburg-Weilburg (Hg.)
"Eigentlich ist kaum Zeit zum Schreiben ..", Tagebuchaufzeichnungen und Erinnerungen von Zeitzeugen an das Kriegsende 1945 im Landkreis Limburg-Weilburg, Limburg 2005